2020 – das Jahr der Veränderungen
2020 war für Viele, wenn nicht sogar für die ganze Welt, ein Jahr in dem sich viel verändert hat. Auch für mich. Gerade noch so habe ich es geschafft, vor der Grenzschließung nach Singapur zu fliegen, um ein neues Abenteuer zu beginnen. Das Leben im Ausland, welches mir unter anderem viele neue Eindrücke, Lerngeschenke und Zukunftsvorstellungen bereitet hat.
Für mich, als gelernte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin war schon vor der Abreise klar, dass ich nicht nur örtlich, sondern auch beruflich eine Umorientierung vornehmen möchte. Also habe ich mich für ein online Psychologie Studium entschieden.
Fernstudium Psychologie
Das Modell des online Studierens hatte für mich viele Vorteile. Zum einen gab bzw. gibt es mir die Flexibilität im Ausland studieren zu können und zum anderen auch eine große Unabhängigkeit. Diese beläuft sich zum einen darauf, dass man sich die Kurse, die man besuchen muss, ganz individuell und je nach Geschmack buchen kann. Hat man zum Beispiel Lust, nach einer Klausur lieber eine Hausarbeit zu schreiben als eine zweite Klausur, kann man einen Kurs wählen, der diese Prüfungsform anbietet. Außerdem kann man sich die Termine für die Klausuren und Abgaben frei wählen. Manche studieren also „normal“ und bereiten sich auf mehrere Klausuren gleichzeitig vor, während andere, wozu auch ich gehöre, monatlich ein Modul absolvieren. Jedoch hat diese Flexibilität auch Nachteile, denn ohne Deadlines fehlt manchmal die nötige Motivation. Vor allem wenn es sich um ein Modul handelt, das einen nicht brennend interessiert. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich mir direkt zu Beginn des Semesters vornehme, was ich alles schaffen möchte, es für mich als eine Art „Deadline“ ausreicht. Was ich aber immer im Hinterkopf hatte, war mein Praktikum, welches einen wichtigen Teil meines Studiums darstellt. Die Option, dafür nach Deutschland zu gehen, bestand für mich eigentlich nicht, weshalb ich mich nach Alternativen umgesehen habe. Und wie das Leben manchmal so spielt, bin ich mein Nebenberuf als Schulkinderkrankenschwester an der German European School in Singapur zu Stefanie Guth geführt.
Arbeit an der European School in Singapur
Die Arbeit in der Krankenstation der Schule hat mich zum ersten Mal in Berührung mit Third Culture Kids gebracht. Oft diente sie als ein Zufluchtsort für Kinder, denen es physisch gut ging, sie jedoch beispielsweise Schwierigkeiten hatten Freunde zu finden, weil sie gerade erst aus einem anderen Land gekommen waren oder für Kinder, die sprachliche Schwierigkeiten hatten oder ein Umzug anstand. Genau erinnern kann ich mich noch an ein Mädchen, welches jeden Tag bei mir an der Tür klopfte. Sie sprach noch sehr schlecht Englisch, dafür Schwedisch und Deutsch, und hat sich sehr schwergetan, in der neuen Umgebung zurecht zu kommen und mit den neuen Menschen, die nicht ihre Sprache sprachen, in Kontakt zu treten. Es war sehr schön zu beobachten, dass mit der Zeit aus dem anfangs schüchtern wirkenden Mädchen, ein quirliger Frechdachs wurde, der mir eine spaßige Zeit beschert hat. Bis sie irgendwann nicht mehr kam und stattdessen draußen mit den anderen Kindern spielte. Ich erinnere mich noch, dass sich in mir eine große Bewunderung auftat. Dieses Mädchen hatte es geschafft, sich innerhalb von kurzer Zeit zu integrieren, Freunde zu finden und ganz sie selbst zu sein. Und das in einer neuen Umgebung, deren Regeln sie anfangs nicht kannte und deren Sprache sie nicht beherrschte.
Das Online-Praktikum
Unter anderem hat mich diese Begegnung dazu bewogen, mich weiter mit dem Thema Third Culture Kids zu beschäftigen. Die Tatsache, dass Stefanie Guth sich als Kinder- und Jugendlichepsychotherapeutin auf diese Zielgruppe spezialisiert hat, war ein wichtiger Grund, mich bei ihr für ein Praktikum zu bewerben. Aber auch die Tatsache, dass sie ihre Therapien online durchführt, hat mich sehr neugierig gemacht, denn das war genau das, wonach ich gesucht hatte. So kam es, dass ich im Zuge meines Onlinestudiums, ein Online-Praktikum bei einer Online Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin machte.
Da wir beide nicht viel Erfahrung bezüglich Online-Praktikum hatten, haben wir gemeinsam überlegt, wie wir es gestalten können. Klar war, dass es sinnvoll ist, regelmäßige Online-Treffen zu machen, an denen wir Fälle bearbeiten können, aufkommende Fragen klären sowie grundlegende Dinge über Psychotherapie besprechen. Außerdem wurde es mir ermöglicht, an Therapiesitzungen teilzunehmen*. Meist hat Stefanie Guth mir zur Vorbereitung vor der Therapiesitzung eine kurze Einführung zu den jeweiligen Patient:innen gegeben und die Patient:innen um Erlaubnis gebeten, dass ich bei den Sitzungen hospitieren darf. Zu Beginn der Therapiesitzung habe ich mich kurz vorgestellt und dann sowohl die Kamera als auch das Mikrofon ausgestellt. Während der Therapiesitzungen war ich beobachtend tätig und habe mir Notizen gemacht. Anschließend haben wir uns zur Nachbesprechung getroffen. Ich konnte meine Fragen stellen oder wir haben grundsätzliche Themen, die im Zusammenhang mit der Therapie aufgekommen sind, besprochen.
Ein weiterer Teil des Praktikums stellte meine eigenen Projekte dar. Eines davon war die Erstellung einer Liste an Büchern und Videos, die verschiedene Themen behandeln, die in einer Therapie aufkommen können. Einzelne Inhalte dieser Liste werden bei Bedarf den Eltern und auch Kindern zum entsprechenden Thema zur Verfügung gestellt, um Prozesse, Symptome, Probleme oder andere Themen besser visualisieren zu können.
Insgesamt war es spannend zu sehen, wie Dinge, beispielsweise Bücher und Gefühlskarten, digitalisiert und somit von überall aus der Welt zugänglich gemacht werden können.
Ich würde sagen, dass wir, obwohl wir beide zuvor keinerlei Erfahrung mit einem Online-Praktikum hatten, ein sehr gutes Ergebnis erreicht haben.
Zukünftige Projekte
Das zeigte sich vor allem auch in den Projekten, die ich durch dieses Praktikum und neben dem Studium für mich selbst angegangen bin. Ich konnte feststellen, dass mir, neben der Theorie im Studium, vor allem der praktische Anteil viel Energie gibt. Deshalb habe ich mich dazu entschieden eine Ausbildung zur Systemischen Familien-, Kinder- und Jugendberaterin zu machen. Diese werde ich im September 2022 abschließen und freue mich schon auf die praktische Arbeit, unter anderem, mit Third Culture Kids und ihren Familien. Zudem wird es in meiner Bachelorarbeit um den Reverse Culture Shock im Zusammenhang mit Third Culture Kids gehen. Man könnte also sagen, dass die Arbeit mit Stefanie Guth eine große Inspiration war. Ich bin sehr dankbar, dass Stefanie Guth sich gemeinsam mit mir darauf eingelassen hat und mir die Chance gegeben hat einen Einblick in ihre großartige und spannende Arbeit zu bekommen. Ich konnte in der Zeit sehr viel lernen, sowohl was meine berufliche Zukunft anbelangt, wie auch fachlich.
Die Hospitationen fanden ausschließlich bei Elternberatungen und Therapiegesprächen mit jungen Erwachsenen statt. Selbstverständlich wurden alle Regeln des Datenschutzes eingehalten und vorab das Einverständnis der Klienten eingeholt.